TAfF-Portraits: Unsere Familienberater:innen stellen sich vor

Die nächste Runde unserer TAfF-Portraits führt uns nach Northeim zu Alice Pfaffenroth von der Werk-statt-Schule e.V. Der gemeinnützige Verein wurde 1979 gegründet und ist auf regionaler Ebene im Landkreis Northeim und im Altkreis Osterode tätig. Mit einem großen und vielfältigen Angebot an Beratungen, Projekten und weiteren Unterstützungsmöglichkeiten ist die Werk-statt-Schule Ansprechpartnerin für Menschen in schwierigen Lebenssituationen. Die Angebote richten sich vor allem an Migrant*innen, Alleinerziehende, Schüler*innen der Primar- und Sekundarstufe mit Förderbedarf, Jugendliche und junge Erwachsene im Übergang von Schule zu Beruf sowie Berufsrückkehrer*innen. Auf ihrer Webseite nennt die Werk-statt-Schule folgende Punkte als Basis ihrer Arbeit: „Wertschätzung füreinander, Respekt, Toleranz und ein grundsätzliches Vertrauen in das Tun der Anderen.“ Alice beschreibt die Werk-statt-Schule als gute und familienfreundliche Arbeitgeberin und betont, dass die Mitarbeiter:innen die Corona-Phase durch das tolle Klima im Team „gemeinsam super überstanden“ haben.

Die Antwort auf die Frage warum sie damals Geschlechterforschung und vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft (Komparatistik) studiert hat, kam schnell, vor allem aber überzeugt: „Weil mich tatsächlich Leben interessiert hat, also Menschenleben. Und besonders Leben und Lebenswege von Frauen. Und da Kultur auch einen großen Einfluss auf Lebenswege hat, fand ich Komparatistik super spannend.“

Alice hat nie daran gezweifelt, die falsche Studienfachwahl getroffen zu haben – im Gegenteil: Die Jahre nach ihrem Abschluss hätten sie eher bekräftigt, sich richtig entschieden zu haben. Unter anderem war sie Teilnehmerin bei Perspektive Wiedereinstieg, kurz PWE. Ein vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Europäischen Sozialfonds gefördertes Projekt, das Frauen dabei unterstützt, nach einer längeren Familien- oder Pflegephase, zurück in den Beruf zu finden oder sich umzuorientieren. Nebenbei arbeitete sie als Dozentin und hat unter anderem Kindern Englischunterricht gegeben. Im Rahmen von PWE absolvierte Alice ein Praktikum im Gleichstellungsbüro der Stadt Göttingen. „Daraus haben sich dann kleinere Projekte und Projektmitarbeit ergeben“, erklärt sie. Bis sie dann schließlich 2018 in einem Projekt im Migrationsbereich in der Werk-statt-Schule begann, war Alice im Gleichstellungs- und Frauenbereich tätig. In der Werk-statt-Schule hatte die Beraterin „eine halbe Stelle im Migrationsbereich und eine halbe Stelle im Frauenbereich der Koordinierungsstelle Frauen & Wirtschaft im Landkreis Northeim“ inne. Dort beriet sie Frauen mit Migrationshintergrund. Den Schritt, zusätzlich eine Coaching-Ausbildung zu absolvieren, erklärt Alice ganz simpel: „Ich habe einfach Freude an der Begegnung mit Menschen; mit Frauen, und bin neugierig auf diese Leben und auf die Lebenserfahrung.“

Die dreifache Mutter ist seit Beginn des Projektes „TAfF – Teilhabe & Arbeit für Familien“, im April 2020, mit dabei und als Beraterin tätig. Als erste große Schwierigkeit der Projektdurchführung, nennt Alice die Corona-Pandemie: „Dass die Teilnehmer:innenakquise so anders läuft als geplant, ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Dass wir zum Beispiel nicht – wie wir vermutet haben – in ein Familienzentrum, in ein offenes Treffen gehen oder auch mal öffentliche Aktionen planen, wie wir uns das vorher vorgestellt hatten; das ist so einfach nicht umsetzbar gewesen.“

Aufgrund der Pandemie haben Beratungen zumeist über Video-Telefonie stattgefunden, was die Arbeit nicht unbedingt einfacher gemacht hat: Die Teilnehmer*innen seien dabei oft zuhause gewesen, in ihrer gewohnten Umgebung. Manchmal waren Partner:innen oder Kinder dabei, wodurch die Distanz zur eigenen Situation und den damit verbundenen Problemen fehlte. Oft konnten die Teilnehmenden sich aufgrund dessen nicht so öffnen, wie es sinnvoll gewesen wäre. Denn ein geschützter unabhängiger Raum sei sehr wichtig für eine erfolgreiche Beratung, erklärt Alice. Dennoch beschreibt sie die Arbeit bei TAfF als sehr berührend, da viele Frauen ihr teilweise sehr intime Details anvertrauen. Mit so einer Offenheit habe Alice zu Anfang nicht gerechnet.

Auf der persönlichen Ebene empfindet sie die oft intensiven Gespräche mit TAfF-Teilnehmerinnen mitunter als herausfordernd. Als Familienberaterin wird sie mit teilweise „heftigen Erlebnissen konfrontiert“, mit denen sie manchmal auch erst zurechtkommen müsse. Zudem seien die Erwartungen, die Teilnehmer*innen an Berater:innen beziehungsweise an die Arbeit von TAfF haben, oft hoch. Schließlich seien es in den allermeisten Fällen langwierige Prozesse, die Familien gemeinsam mit ihren Berater:innen antreten. „Das ist nicht so schnell gemacht“, fügt Alice hinzu.

Trotzdem beschreibt sie die Arbeit von und bei TAfF als absolut lohnenswert und erfolgreich. Denn die Not sei laut Alice groß, so erläutert sie: „Es ist deren freie Entscheidung in die Beratung zu kommen. Sie kommen aus einer Notlage, aus einer schwierigen Lebenssituation heraus.“ Für viele Frauen beziehungsweise Familien sei es sehr wohltuend, offen mit einer fremden Person reden zu können; alles rauszulassen und Unterstützung zu bekommen. Und das völlig unabhängig von Behörden. Eine weitere Besonderheit von TAfF ist der starke Verbund der Träger in Stadt- und Landkreisen Göttingen und Northeim. Alice berichtet, dass es den Mitarbeitenden Freude bereite und die Arbeit im Verbund sehr spannend sei, denn alle würden davon profitieren: „Mit anderen Trägern und anderen Mitarbeitenden kommen natürlich auch neue Impulse dazu und damit haben wir noch mehr Raum für Kreativität.“

Abschließend empfiehlt Alice allen Familien beziehungsweise Frauen, die sich in schwierigen Situationen befinden, vielleicht auch depressive Phasen hinter sich haben, aber zurück ins Leben möchten, sich erstmal auf den Weg zu machen: „Und dann geht’s irgendwie weiter. Und das ist auch tatsächlich nicht leicht, es wird Höhen und Tiefen geben, aber es ist gut und es ist richtig anzufangen! Schritt für Schritt – aber erstmal losgehen!“

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